„Hey Leute, hier ist schon wieder ein Unternehmen, das genau EUCH sucht!“ – so der Facebook-Gruppen-Post eines Lehrers an seine Schüler. Über dieses inflationär genutzte „Wir suchen Dich“, wahlweise auch als „Wir suchen genau Dich!“ betitelt, kann man inzwischen nur noch schmunzeln.
Weder diese Aussage noch der Inhalt der darauffolgenden Stellenanzeigen lassen Rückschluss auf die erwünschte Persönlichkeit des Kandidaten zu. Stattdessen wird wild mit den üblichen, abgedroschenen Floskeln jongliert. Sie wissen schon, das mit dem flexibel, stressresistent, freundlich, belastbar, usw. Gesucht: die eierlegende Wollmilchsau, 20 Jahre alt mit 10 Jahren Berufserfahrung – genau DICH eben.
Gehören Sie auch zu denen, die „Wir suchen Dich!“ bei der Personalsuche bemühen? Bitte lassen Sie es. Sie gehen als Arbeitgeber in der Masse unter und das, wo Sie doch Ihre ganz eigenen Alleinstellungsmerkmale haben. Warum sie also nicht in angemessener Weise kommunizieren, statt sich in der Komfortzone („alle machen das jetzt so“) zu wiegen? Die Komfortzone ist in diesem Beispiel gleich bedeutungslos. Denn wenn alle MICH suchen, alle dasselbe erzählen, alles außer den Gründen, die für sie als Arbeitgeber oder wahlweise als Ausbildungsbetrieb sprechen, dann fühle ich mich als Bewerber schlichtweg nicht angesprochen.
Kennen Sie Ihre Zielgruppe?
Ohne Zielgruppenanalyse und entsprechend angepasste Bewerberansprache kann sich Ihr Wunschkandidat demnach erst gar nicht angesprochen fühlen – da ändert auch ein „Wir suchen Dich“ nichts.
Nehmen Sie sich die Zeit, um sich einer eingehenden Zielgruppenanalyse zu widmen. Dabei fangen Sie bei sich und Ihren Unternehmenswerten an. Was macht Sie als Arbeitgeber aus und wie sieht es mit dem Team Spirit bei Ihnen aus? Begehen Sie dabei bitte nicht den fatalen Fehler, Ihre Mitarbeiter auszuschließen und das auf Führungsebene auszudiskutieren. Bei allem Respekt, das kann nichts werden. Denn das, was Sie sind, was „arbeiten und leben“ bei Ihnen bedeutet, wird maßgeblich von Ihrem Line Staff geprägt. Was erwarten Sie von einem Bewerber und was erwarten Ihre Mitarbeiter von ihren neuen Kolleginnen und Kollegen? Also, sprechen Sie doch mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und erstellen Sie darauf aufbauend ein Persona-Modell. Die Lösung liegt so nah.
Du oder Sie in der Bewerberansprache
Nun kennen Sie also Ihre Zielgruppe und möchten Ihre Message nach außen tragen. Sicher ist auch Ihnen aufgefallen, dass alle jetzt jung und trendy sein möchten und denken, dass sie das am besten erreichen, indem sie die Bewerber duzen. Diese Herangehensweise hat jedoch – in vielen Fällen – mindestens zwei Haken.
1. Sind SIE selbst Du oder Sie?
In Selbsttests, nicht zuletzt aber auch von den Jugendlichen bei meinen ehrenamtlichen eTo Bewerbungstrainings, erfahre ich immer wieder von einem entscheidenden Widerspruch, der alles zerstört, was Sie vorher, mit einer vielleicht sogar guten Präsenz & Erstkommunikation, aufgebaut haben. Die Stellenanzeige duzt den Bewerber, woraus der Bewerber – zu Recht – schließt, dass in diesem Unternehmen eine Duzkultur herrscht. Selbstverständlich duzt er folglich auch in seiner Bewerbung „Hallo Anne, ich habe eure Stellenanzeige gesehen und würde sehr gerne für euch arbeiten…“. In 7 von 10 Fällen lautet die Antwort aus der Personalabteilung daraufhin „Sehr geehrte Frau Mustermann, vielen Dank für Ihre Bewerbung. Bitten senden Sie uns…“. Diese Kennziffer basiert auf Stichprobenanalysen, die wir bei der eTo Personalmarketing GmbH in regelmäßigen Abständen anonymisiert durchführen.
Eine derartige Reaktion stellt nicht nur ein „Cultural Mis-Fit“ dar, sondern ist in dem Moment wie eine tadelnd korrigierende Ohrfeige für den Bewerber. Überlegen Sie sich daher bitte gut, ob Sie Ihre Bewerber wirklich duzen wollen und, wenn Sie sich strategisch dafür entscheiden, dann ziehen Sie es bitte auch konsequent durch. Am einfachsten fällen Sie diese Entscheidung, indem Sie einen Blick auf Ihr Unternehmen werfen: Leben Sie eine Duz- oder Siezkultur?
2. Ist ein Du in der Bewerberansprache respektlos?
Hier gilt zuallererst wieder: Kennen Sie Ihre Zielgruppe. Gehen Sie bitte nicht von Ihrer eigenen Annahme darüber, was die jungen Menschen heutzutage wollen und erwarten, aus, sondern beschäftigen Sie sich aufrichtig mit den Ansichten und Bedürfnissen Ihrer Zielgruppe.
Auch wenn derzeit scheinbar die große Mehrheit der Arbeitgeber annimmt, dass junge Azubi-Anwärter es schätzen, geduzt zu werden und sie sich davon eher angesprochen fühlen, muss dies noch lange nicht den Tatsachen entsprechen. Sollte Ihre Zielgruppenanalyse ergeben, dass sie gerne geduzt wird, dann ziehen Sie es bitte durch. Von der Bewerbung über das Vorstellungsgespräch zum Onboarding zum Arbeitsalltag. Die Journey muss von Anfang bis Ende stimmig sein – und das ist sie automatisch, wenn Sie sich über Punkt 1 im Klaren sind.
Bei meinem letzten Bewerbungstraining fragte ich in die Runde der 15-20-jährigen, wie sie es empfinden, wenn sie Stellenanzeigen lesen und darin geduzt werden. Eine 18-jährige Schülerin brachte es treffend auf den Punkt:
„Also… eigentlich ist es mir relativ egal, ich komme mit beidem klar. Trotzdem wirkt es seriöser, man fühlt sich erwachsener und respektvoller behandelt, wenn man gesiezt wird. Ich finde, wenn man sich bewirbt, sollte man eher gesiezt werden und wenn man eingestellt ist (und sich besser kennt), ist duzen auch okay.“
Wir suchen Dich – Bitte nicht.
Bei Ihrer individuellen Bewerberansprache haben Sie nun also die Wahl: Entscheiden Sie sich für Respekt, für Ihre Unternehmenskultur oder folgen Sie einem „Trend“? Dabei schließen Respekt und Unternehmenskultur sich natürlich nicht aus, sofern eine Duzkultur eben wirklich bei Ihnen gelebt wird.
Unabhängig davon, wie Sie sich entscheiden, gilt: „Wir suchen Dich – Bitte nicht.“ Seien Sie sich Ihrer Werte bewusst und tragen Sie diese stolz nach außen, seien Sie anders als alle anderen und die Richtigen werden zu Ihnen finden.
Über den Verfasser: Michela Ivano ist als Head of Projects für die eto Personalmarketing GmbH tätig, die auch Veranstalter der Nacht der Hotellerie ist. Davor war sie über 15 Jahre lang in der Kreuzfahrt, der internationalen Hotellerie & Gastronomie und im Tourismus in operativen als auch in strategischen Positionen beschäftigt.
Die eto Personalmarketing GmbH mit Sitz in Bremen wurde 2016 von Hotel- & Touristikfachmann Jan Steffen gegründet. Die Mission: „escape the ordinary“. Die eto hat es sich zur Aufgabe gemacht, Unternehmen mit Hilfe eines ehrlichen Personalmarketings bei der Bildung und Stärkung ihrer Arbeitgebermarken aktiv zu unterstützen und zu begleiten. Ein innovativer, ganzheitlicher Ansatz verbindet interne und externe Personalmarketingmaßnahmen und unterscheidet die eto Personalmarketing GmbH somit von klassischen Marketingagenturen. Weitere Informationen unter www.personalmarketing.rocks